Marburg, 13.04.2017 Unfallprävention im Alpin Sport

Grade in den Osterferien zieht es viele noch einmal in die Skigebiete. Die Sonne scheint, wie auf unserem Foto aus Ischgl, man ist körperlich aktiv und an der frischen Bergluft.
Aber nicht für jeden Wintersportler geht der Tag gut zu Ende:

Von 1000 Skifahrern verletzen sich im Schnitt 1.5 täglich! So passieren in der Wintersaison jährlich 60.000 Unfälle.
Deswegen klärt Ruhrmedic euch heute über die häufigsten Verletzungen im Wintersport auf und zeigt euch einige präventive Maßnahmen:

Schaut man sich die Bewegungen beim Skifahren an, merkt man schnell, dass Drehen und Gleiten entscheidende Elemente darstellen. Dabei kommt es vor allem zu Drehbewegungen im Kniegelenk, die den Bandapparat der Knie extrem fordert. Die Untere Extremität ist somit am stärksten von Verletzungen gefährdet.

Plötzliche Richtungswechsel mit einem Ski, können durch die Torsionsbewegung schnell zu einem Schien-oder Wadenbeinbruch führen. Diese treten meist oberhalb des schützenden Skischuhes (daher wird der Knöchel auch selten verletzt), auf Wadenhöhe auf und eine Operation wird erforderlich.

Darüber hinaus können solche Richtungswechsel Auslöser einer Knieverrenkung sein. Wird das Knie nach innen gedreht, wie bei einem „X Bein“, werden die Torsionskräfte stärker und das vordere Kreuzband reißt. Teilweise kommt es auch zu einer Kombinationsverletzung, der sogenannten „unhappy triad“, bestehend aus Verletzungen des vorderen Kreuzbandes, des Innenminiskus und des Innenbandes.

Ganz im Gegensatz zum Snowboarden:

Hier sind beide Beine fest im Brett, so dass die obere Extremität vermehrt verletzt wird. Beim Sturz versucht sich der Boarder abzufangen, und stützt sich mit den Händen ab. Dabei entstehen leider schnell Handgelenksverletzungen. Unsichere Frakturzeichen sind beispielsweise Rötung, Schwellung, Schmerzen und Bewegungseinschränkung. Hierbei solltet ihr immer einen Arzt aufsuchen, der per Röntgenaufnahme feststellen kann, ob etwas gebrochen ist. Wenn ihr feststellt, dass Körperteile eine abnorme Stellung (sogenannte Bajonette-Stellung des Unterarms) aufweisen, ist ein Knochenbruch hochwahrscheinlich und ihr solltet den Rettungsdienst unter 112 verständigen.
Außerdem ist häufig eine Schulterverrenkung (sog. Schulterluxuation) unter den „Snowboarder typischen Verletzungen“ zu finden. Dabei rutscht der Oberarmkopf häufig vor das Schulterdach. Der Grund dafür ist, die schwache Bandführung und die Größe des Oberarmkopfs im Vergleich zum kleinen Pfannendach.

Bei beiden Sportarten kommt es leider, aufgrund der hohen Geschwindigkeiten und des zum Teil harten, vereisten Untergrundes, immer wieder zu Kopfverletzungen mit Schädel-Hirn-Trauma.
Auch hier solltet ihr euch unbedingt von einem Arzt durchchecken lassen. Eine kurze Bewusstlosigkeit oder Übelkeit und Erbrechen nach einem Kopftrauma sind in jedem Fall ärztlich abklärungswürdig.

Wie kann man dem Ganzen vorbeugen?

Ein wichtiger Punkt ist das Tragen eines Schutzhelms. Seit dem Unfall des damaligen Thüringer Ministerpräsidenten Dieter Althaus, der nach Zusammenprall mit einer anderen Skifahrerin, ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitten hatte, ist zum Glück vielen Wintersportlern bewusst geworden, wie wichtig das Tragen eines Helmes ist.
Dabei kann ein Helmkonzept nicht alle Stürze bestmöglich verhindern, sondern ist für die häufigsten Gefahren, der jeweiligen Sportart, konzipiert. So hätte ein Eishockeyhelm, womöglich Michael Schumachers seitlichen Sturz besser abgefedert als ein Skihelm.
Verschiedene Studien zeigen aber dennoch, dass das Tragen eines Helms deutlich Verletzungen minimiert.
So haben z.B. in einer Studie mit 450 Freizeitunfällen (Radfahren, Skifahren, Klettern) 75% der Verunglückten keinen Helm getragen. Litten diese unter schwereren Verletzungen, mussten sie durchschnittlich 144 Tage im Krankenhaus verbringen, im Gegensatz zu nur 46 Tagen, die die Helmträger im Krankenhaus,  verbrachten. 35% mussten sogar auf die Intensivstation verlegt werden im Vergleich zu 25% bei den Helmträgern. Erschreckend ist außerdem, dass ohne Helm DOPPELT so viele Verunglückte eine Hirnblutung oder eine Schädelbasisfraktur erlitten haben.

Obwohl die Zahl der Unfälle im Wintersport generell gestiegen ist, geht die Zahl der Schädel-Hirn-Traumen zurück. Ärzte führen das auf die steigende Zahl von Helmträgern zurück. Ruhrmedic rät euch:

Tragt einen passenden Helm!

Ein weiterer wichtiger Punkt, in der Prävention von Unfällen im Wintersport, ist die körperliche Vorbereitung, 2-3 Monate vor Beginn der Saison, mit Steigerung der Propriozeption (bewussten Wahrnehmung der verschiedenen Körperteile) und gezieltem Muskelaufbau.

Warum ist das so wichtig?

Wie oben erläutert ist Skifahren eine Gleitsportart. Der Untergrund ist verschieden hart, die Winkel variieren, so dass euer Körper im ständigen Ungleichgewicht ist. Ein gesteigertes Körperbewusstsein hilft euch also, innerhalb von Millisekunden euer Gleichgewicht zu finden und wieder Kontrolle über die Skier zu erlangen.

Wie kann ich mein Körperbewusstsein trainieren?

Gleichgewichtsübungen jeglicher Art vom Einbeinstand, über Balancieren auf einem Mäuerchen bis hin zu Übungen mit einem Wackelbrett wie z.B. von Airex© fördern euer Körperbewusstsein. Wie immer gilt: Langsam anfangen und allmählich den Schwierigkeitsgrad steigern.

Welche Muskelgruppen werden besonders beansprucht?

Vor allem in den unteren Extremitäten, aber auch im Rumpf, ist für die Stabilität genügend Muskelkraft erforderlich.  Da die Knie ständig gebeugt sind, werden der Quadrizeps, die Oberschenkel- und Gesäßmuskeln beansprucht. Zusätzlich solltet ihr eure Rumpfmuskulatur z.B. mit Liegestützen und Bauchmuskel-Übungen stärken. Dies verleiht euch mehr Gleichgewicht und Stabilität und grade auf der letzten Abfahrt, wenn die Konzentration nachlässt, die Oberschenkel brennen und die meisten Unfälle passieren, werdet ihr euch sicherer fühlen.

Zusätzlich solltet ihr etwas für eure „Puste“ tun, denn beim Skifahren verbringt ihr bestimmt 3-4 Stunden pro Tag auf der Piste und wenn wir ehrlich sind, treiben die wenigsten so viel Sport pro Tag in ihrer normalen Woche.

Eine gute Kombination bietet das Zirkel-Training. Ruhrmedic stellt euch 4 Übungen beispielsweise vor:
10 Minuten aufwärmen durch laufen.
„Hampelmann-Sprung“ 6 Wiederholungen. Springt bei jeder Wiederholung so hoch wie möglich.
Kniebeuge auf einem Bein 10–15 Wiederholungen pro Bein. Wechselt zwischen stabiler und instabiler Oberfläche, um gezielt Kraft und Gleichgewicht zu trainieren.
„Halbe Brücke“ 10–15 Wiederholungen. Steigert die Schwierigkeit, indem ihr ein Bein anhebt.
Klassischer Unterarmstütz 30–60 Sekunden. Maximal 60 Sekunden. Alternativ kann die Schwierigkeit durch eine grössere Instabilität (z. B. Anheben der Beine im Wechsel) erhöht werden.

Ruhrmedic empfiehlt euch zur Vorbereitung, zwei Monate vor der Skisaison, mit zwei Trainingseinheiten pro Woche zu beginnen und in eurem Skiurlaub selbst vor jedem Tag auf der Piste ein leichtes Aufwärmprogramm zu absolvieren. Hört in euren Körper hinein und macht lieber eine Pause und verkürzt Apres Ski, wenn ihr am nächsten Tag sportlich viel vorhabt.

Zu guter Letzt weisen wir auf die Pistenregeln der FIS hin:

„Rücksicht auf die anderen Skifahrer“
Jeder Skifahrer muss sich so verhalten, dass er keinen anderen gefährdet oder schädigt.“

„Beherrschung der Geschwindigkeit und der Fahrweise“
Jeder Skifahrer muss auf Sicht fahren. Er muss seine Geschwindigkeit und seine Fahrweise seinem Können und den Gelände-, Schnee- und Witterungsverhältnissen sowie der Verkehrsdichte anpassen.

Der von hinten kommende Skifahrer muss seine Fahrspur so wählen, dass er vor ihm fahrende Skifahrer nicht gefährdet.

„Überholen“
Überholt werden darf von oben oder unten, von rechts oder von links, aber immer nur mit einem Abstand, der dem überholten Wintersportler für alle seine Bewegungen genügend Raum lässt.

„Einfahren, Anfahren und Hangaufwärtsfahren“
Jeder Skifahrer, der in eine Skiabfahrt einfährt, nach einem Halt wieder anfahren oder hangaufwärts schwingen oder fahren will, muss sich nach oben und unten vergewissern, dass er dies ohne Gefahr für sich und andere tun kann.

„Anhalten“
Jeder Wintersportler muss es vermeiden, sich ohne Not an engen oder unübersichtlichen Stellen einer Abfahrt aufzuhalten. Ein gestürzter Wintersportler muss eine solche Stelle so schnell wie möglich freimachen.

„Aufstieg und Abstieg“
Ein Wintersportler, der aufsteigt oder zu Fuß absteigt, muss den Rand der Abfahrt benutzen.

„Beachten der Zeichen“
Jeder Wintersportler muss die Markierung und die Signalisation beachten.

„Hilfeleistung“
Bei Unfällen ist jeder Wintersportler zur Hilfeleistung verpflichtet.

„Ausweispflicht“
Jeder Wintersportler, ob Zeuge oder Beteiligter, ob verantwortlich oder nicht, muss im Falle eines Unfalles seine Personalien angeben.
Quelle: Skiverband FIS, Wirtschaftskammer Kärnten/Seilbahnen

Wenn ihr in den Ferien zu Hause geblieben seit, nutzt die Zeit, um eure Kenntnisse in Erste-Hilfe Maßnahmen zu verbessern und schaut in einem unserer Ruhrmedic Erste-Hilfe Kurse vorbei.

www.Lebensretter-gesucht.info

Ski Heil und erholsame Osterferien wünschen euch

Fabian Nehls und das gesamte Ruhrmedic Team