Herz-Lungen-Wiederbelebung

in der Ersten-Hilfe

Im Oktober 2015 wurden auf dem „Resuscitation 2015 The Guidelines Congress“ die neuen Leitlinien zur Reanimation vorgestellt und Empfehlungen nach 5 Jahren sowohl für medizinisches Personal als auch für den Laien verändert. Damit ihr euch nicht durch die fast 190 Seiten lesen müsst, erklärt euch Ruhrmedic die wichtigsten Änderungen auf den Punkt gebracht:

Was ist geblieben?

Nach wie vor gilt: die Rettungskette einhalten! (https://ruhrmedic.de/blog/erste-hilfe) (wer Fragen dazu hat einfach in unserer Ruhrmedic Kolumne „Grundlagen der Ersten-Hilfe“ nachlesen).

Abklären: Ist die Person bewusstlos?

Generell checkt ihr zunächst das Bewusstsein der Person. Dabei kontrolliert ihr, ob sie auf direkte Ansprache und Berührung reagiert.

Unter anderem konnte in einer Studie von Professor Dr. Dick von der Universität Mainz gezeigt werden, dass leider lediglich 2 % der Helfer innerhalb von 10 Sekunden korrekt den Plus ertastet und daraus die richtigen Schlüsse zieht. Das hat zu Verunsicherungen beim Ersthelfer und damit zu Zeitverzögerungen bis zum Beginn der Thoraxkompressionen geführt.

Deswegen sieht die aktuelle Leitlinie vor, sobald der Patient nicht ansprechbar ist und auf wachrütteln oder Schmerzreize (z.B. kneifen) nicht reagiert, keine Atmung vorhanden ist (am besten beugt ihr euch hierfür über den Patienten und legt euer Ohr über seinen Mund, eine Hand auf den Bauch → Hören, Sehen, Fühlen) beginnt ihr mit der Reanimation, auch Herz-Lungen-Wiederbelebung genannt:

  1. Kniet euch neben die Person in Höhe ihres Brustkorbs
  2. Druckpunkt ist das untere Drittel des Brustbeins
  1. Den Ballen der zweiten Hand auf den Handrücken der ersten Hand setzen
  2. Streckt eure Arme durch und der Brustkorb des Patienten wird senkrecht durch den Druck eures Oberkörpers über eure Arme 5-6 cm tief eingedrückt

Ohne Erste-Hilfe-Maßnahmen bleibt die Person tot!

Grade bei älteren Menschen kann es vorkommen, dass aufgrund des steifen Brustkorbs und Degenerationen, wie Osteoporose, Rippenbrüche entstehen können. Diese sind aber zu vernachlässigen und ihr braucht keine Angst haben, etwas falsch zu machen! Die Aufrechterhaltung eines minimalen Blutkreislaufes zum Überleben des Patienten hat oberste Priorität.

Durch die Kompressionen auf dem Brustkorb wird das Herz zwischen Brustbein und Wirbelsäule komprimiert, dadurch drückt ihr das im Herzen befindliche Blut in die Gefäße und somit in die Organe und in das Gehirn.

Im Blut befindet sich noch ein Rest Sauerstoff. Grade das Gehirn reagiert auf Sauerstoffmangel sehr empfindlich. Bereits nach ca. 3-5 Minuten schwerem Sauerstoffmangel treten irreversible Hirnschäden auf und auch andere Stoffwechselprozesse im Körper kommen immer mehr zum Erliegen. Durch euer Drücken wird das Blut weiterhin durch den Körper gepumpt. Die Mund – zu – Mund bzw. Mund – zu – Nase – Beatmung stellt neuen Sauerstoff zur Verfügung, der dann wiederum über das Blut zu den Körperzellen gelangt.

Was ist neu?

Egal ob ihr alleine wiederbelebt oder zu zweit, egal ob Kind oder Senioren bewusstlos sind,

ihr startet mit der Herzdruckmassage und drückt immer 30 mal

( 30:2 Rythmus, Frequenz: 100-120 Drücke / Minute. Entspricht dem Takt vom Bee Gee Song „Staying alive“ oder ACDC „Highway to Hell“)

Danach wird zweimal Mund-zu-Mund oder Mund-zu-Nase beatmet.

Lehnt ihr aus Ekel oder Verunsicherung die Mund-zu-Mund-Beatmung ab, ist das nachvollziehbar.

Bei Herzstillstand durch kardiale Ursache ist eine Mund-zu-Mund-Beatmung auch nicht zwingend erforderlich:
Forscher haben in Tierversuchen zeigen können, dass eine Herzdruckmassage ohne Mund-zu-Mund-Beatmung in den ersten Minuten genauso ausreichend ist. Außerdem zeigte Thomas Rea von der Universität Seattle in einer Studie mit dem London Ambulance Service der britischen Hauptstadt, dass nach alleiniger Brustkompressionen 12,5 Prozent und bei der Standard-Reanimation nur 11,0 Prozent der Patienten überlebten.

Allerdings ist eine zusätzliche Beatmung für die Überlebenswahrscheinlichkeit der Person förderlich bei Herzstillständen nach Trauma, Atemwegsobstruktion, Ertrinken und kleinen Kindern, wie Myron Weisfeldt von der renommierten John Hopkins Universität feststellte (NEJM 2010; 363: 481-483). 
Weil ihr häufig nicht sicher sein könnt, worauf der Herzstillstand beruht, wird zur Mund-zu-Mund-Beatmung geraten!

 

Jetzt fangt ihr wieder von vorne an zum Rhythmus von Highway to Hell 30 mal auf der Mitte der Brust 5-6cm tief mit senkrechtem Arm mit eurem Körpergewicht zu drücken.

Den 30:2 Rhythmus wiederholt ihr solange, bis euer Patient wieder sein Bewusstsein erlangt oder der Rettungsdienst eintrifft.

Kammerflimmern?

Wenn ein Defibrillator vorhanden ist und Kammerflimmern bei eurem Patienten vorliegt, achtet ihr auf die Ansagen des automatischen Defibrillators. Die Software des Gerätes leitet euch zuverlässig und mit klaren und verständlichen Handlungsanweisungen durch die Herz-Lungen-Wiederbelebung.

Das Gerät entscheidet nach Analyse des Herzrhythmus eigenständig, ob ein Stromimpuls erforderlich ist.

Woher stammen eigentlich die neuen Erkenntnisse?

1990 fand in Norwegen in der Abtei von Utstein ein Treffen internationaler Reanimationsforschungsorganisationen statt. Hierbei entstand der sog. „Utstein-Style“, eine Empfehlung zur einheitlichen Erfassung von Herzstillständen.

2007 entstand in Deutschland im Rahmen des Deutschen Anästhesie Kongress das Reanimationsregister. Hier werden Kerndaten zu Herzstillständen und deren Reanimation registriert, mit deren Hilfe Rückschlüsse auf die Anwendbarkeit von Leitlinien, Empfehlungen und verschiedene Reanimationsbemühungen gezogen werden können und anhand des „Utstein-Style“ weltweit vergleichbar sind.

Denkt immer daran: Jede Erste Hilfe ist besser als gar keine!

In Deutschland gibt es eine sogenannte Hilfsfrist für den Rettungsdienst, die von Bundesland zu Bundesland in Ihrer Dauer variiert. In NRW beispielsweise beträgt diese 8 Minuten in Rheinland-Pfalz sogar 15 Minuten. Nach 3-5 Minuten Herz-Kreislauf-Stillstand erleidet das Gehirn in der Regel jedoch bleibende Schäden. Das verdeutlicht die Bedeutsamkeit der Erst-Helfer-Reanimation, die so früh wie möglich noch vor Eintreffen des Rettungsdienstes erfolgen muss.

Aber die Seattle Studie zeigt: Wenn man möglichst viele Bürger zu Ersthelfern professionell ausbildet (ca. 400.000 von 700.000 Menschen), steigt die Qualität der Herz-Lungen-Wiederbelebung und die Bereitschaft mit der Reanimation zu beginnen an und es gibt ein besseres Outcome für die Patienten – auf Deutsch: Mehr Patienten überleben einen Herzstillstand und leiden unter weniger Langzeitfolgen.

Die Redewendung: „If your heart stops, be in Seattle!“ verdeutlicht dies etwas.

Wenn ihr daher eure Fähigkeiten jetzt verbessern wollt, um professioneller Wiederbeleben zu können, ohne langweiligen Frontalunterricht, in entspannter Atmosphäre mit Tipps und Tricks von Experten schaut mal in unseren Erste Hilfe Kursen in Marburg und Gelsenkirchen vorbei oder sprecht uns einfach an!

www.ruhrmedic.de

Glück auf!

Euer Fabian von Ruhrmedic

 

 

 

 

2 thoughts on “Herz-Lungen-Wiederbelebung

  1. Sehr interessanter Artikel Fabian! Beim lesen ist mir aufgefallen, dass ich einige Sachen locker falsch gemacht hätte, Vorallem im Bezug auf die Anzahl der Drücke und den Takt. Das eine Mund-zu-Mund-Beatmung nicht zwingend erforderlich ist und ich trotzdem helfen kann ist für mich neu und gut zu wissen, da das schon eine ziemliche Überwindung für mich wäre bei Fremden…

    LG
    Till

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